Ich lerne gerade eben viel darüber wie ich mich selbst annehmen kann. Also alles von mir.
Ich versuchte bisher, dass ich das „Schlechte“ in mir loswerde und nach dem „Guten“ strebte. Ich wollte immer nur das „Gute“ nach außen zeigen und das „Schlechte“ verbergen, verstecken und lehnte es damit komplett ab. Der Widerstand kostete mich so viel Energie.
Diese Woche hatte ich eine Situation wo ich dachte ich habe heut nur das Gute in mir. Diesen Moment genoss ich so sehr für mich selbst. Ich dachte gar nicht an das Außen. Dann kam das „Schlechte“ in mir hoch und ich zeigte es mit voller Wucht im Außen und in mir stieg so viel Scham auf wie noch nie zuvor. Klar, hatte ich auch vorher noch nie alles von mir gezeigt. Ich wäre am liebsten im Boden versunken. In mir war der Gedanke „Toll da zeig ich mich einmal wie ich bin und dann sowas.“ Ich nahm an, alle würden mich ablehnen, für den Menschen, den ich zeigte. Es stellte sich heraus, dass alle Anderen nur „Gutes“ in mir sahen und das war der Moment wo es in mir einklickte. Ich bin Alles, ich darf alles sein, auch zugleich und ich darf alles von mir zeigen. Es kann auch etwas Gutes entstehen.
– Ich bin die Mama die ihre Kinder anschreit und die Mama die sie in ihrer Wut und Trauer mit so viel Geduld und Hingabe begleitet.
– Ich bin die Frau die schlank ist und Wert auf gesunde Ernährung legt und trotzdem eine Essstörung hat.
– Ich bin die Frau die heilt und trotzdem noch verletzt ist oder sogar andere verletzt, weil sie alle ausschließt.
– Ich bin die Freundin die zuhört und nachfragt und trotzdem manchmal nur wartet bis ich selbst reden kann.
– Ich bin die Ehefrau die gern „Ich liebe dich“ sagt und so meint und trotzdem nicht genau weiß, wie es sich wahrhaftig anfühlt.
– Ich bin die Frau die lehrt und trotzdem noch selbst so viel lernt.
– Ich bin die Frau die Verantwortung übernimmt und trotzdem das unsichere Kind in sich trägt.
– Ich bin die Frau die vor anderen Menschen steht und spontan einen Vortrag hält und trotzdem Panik beim Einkaufen bekommt, weil sie unsicher ist.
– Ich kann so viel Traurigkeit fühlen und trotzdem ein wahrhaftiges Lachen zeigen, zur selben Zeit.
Und noch so viel mehr!
Ich lerne gerade sehr viel darüber, das ich all das bin. Das alles was mal war oder wer ich war zu mir gehört. Das alles was jetzt da ist zu mir gehört und auch alles was ich NOCH nicht kann. Alles ist für etwas gut, alles darf sein und alles wird gut. Alles ist genau richtig. Ich darf mich ständig wieder neu erfinden. Ich darf mich zeigen wie ich bin, genau in diesem Moment. Ich darf in mich hineinhören und fühlen. Ich muss nicht alles wissen, können und tun. Ich bin alles und alles bin ich.
Ich glaube, in mir ist die größte Angst, dass ich irgendwo im Außen von jemandem für einen Anteil in mir abgelehnt werden könnte. Ich habe noch nie gewagt darüber nachzudenken, was dann passieren könnte.
Ich glaube auch, dass ich mich selbst schon vorher ablehne, bevor es überhaupt jemand anderes tun könnte. Ich kenne all meine tiefsten Seiten, meine größten Geheimnisse, meine größten Wünsche und weiß, wenn ich ehrlich zu mir bin, wer ich tief im Herzen sein möchte und noch nicht sein kann. Wenn ich also raus gehe und eine Situation passiert, die nicht mit diesem tiefsten Inneren, der „perfekten“ Vorstellung von mir übereinstimmt lehne ich mich zutiefst in Gedanken ab oder zieh mich zurück. Ich halte mich klein, verstecke mich, versuche, dass ich alles kontrollieren kann und sicher ist, damit diesen Teil der „nicht perfekt“ ist niemand sieht. Ich trage eine Maske, damit dahinter niemand sieht, dass ich noch nicht die bin, wer ich doch sein möchte und könnte. Immer mit der Angst im Nacken, dass jemand hinter die Maske blickt.
Ich fange an, dass ich im Gegenüber nur noch das sehe, was ich noch nicht bin (Neid, Scham, Frust, Wut kommt hoch) oder ich sehe nur eine Gefahr, dass jemand hinter meine Fassade sehen könnte.
Im schlimmsten Fall machen das alle Leute um mich herum vielleicht auch und wir leben alle nur mit unserem Avatar miteinander und können uns gar nicht mehr ehrlich begegnen und berühren, da diese Avatare zwischen uns stehen.
Ich gehe dafür los. Ich möchte es herausfinden: Was ist jenseits meiner Maske, Meines Avatars, meiner Angst. Ich möchte herausfinden, wie es ist, wenn ich alles an mir annehme, wie es ist, wenn ich vielleicht mal wirklich abgelehnt werde (Was passiert dann mit mir? – denn meine eigene Ablehnung erfahre ich ja schon die ganze Zeit) oder vielleicht werde ich ja auch einfach nur angenommen oder geliebt, für mein wahres Ich. Denn auch das kann nur dann passieren und danach sehne ich mich. Also kann ich nur herausfinden: Was ist das schlimmste, was mir passieren kann? und „Was kann alles tolles passieren?“. Denn viel mehr als Ablehnung, die ich durch mich selbst schon erfahre, kann ja nicht passieren. Oder?
Und das Beste ist, da wo ich jetzt stehe und von wo ich schauen, erkenne ich das der Teil den ich die ganze Zeit ablehnte, versteckt und loswerden wollte, doch in Wahrheit nicht gegen mich, sondern für mich ist. Durch ihn sehe ich, was ich nicht mehr sein möchte und wo ich hinstreben kann. Er gibt mir vor was ich heilen darf und nicht mehr zu mir gehört und was ich noch lernen kann. Das würde ich ohne ihn nicht können.
Soweit der Plan: Ich lerne mich annehmen. Ich lerne mich zeigen. Ich schaue was passiert. Vielleicht tauch ich ein, in eine Welt die all das schon lebt und ich darf teilhaben. Vielleicht ist es so schlimm wie meine Angst mir suggeriert, dann kenne ich den Weg zurück. Vielleicht merke ich, dass es allen so geht und kann helfen. Vielleicht können dann unseren wahren Ichs sich begegnen und wahrhaftig berühren. Ich bin gespannt.