Ganz oft in meinem Leben stand ich an einem Punkt, der gerade wirklich gut für mich war, den ich mir so „gebaut“ hatte. Ich bin alle Schritte bis dahin gegangen, hatte Entscheidungen getroffen, mich gelöst und habe mich da eingefunden und doch fühlte ich mich an diesem Punkt, an diesem Ort einfach nicht wohl oder nicht da. Ich strebte immer weiter oder woanders hin. Ich war frustriert und verloren.
An diesem Ort fühlte ich so sehr wo ich noch nicht war. Ich fühlte eine Art Sehnsucht, ich hatte Bilder in meinem Kopf, wo ich mich schon sah. Es war wie zum Greifen nahe. Es fühlte sich wie die Mohrrübe an, die vor dem Esel gebunden war. Sie war so nah und doch so fern. Ich hasste diesen Ort, jedes Mal, so sehr und auch jetzt fällt es mir noch schwer, dass ich ihn annehme. Stecke ich doch schon wieder mitten in diesem Ort. In mir kommen dann Gefühle hoch von Traurigkeit, Versagen, Schuld und Scham. Oft denke ich dann, ich bin noch nicht gut genug. Der meiste Gedanke, der dann hoch kommt ist: „Ich passe nicht in diese Welt!“ oder „Wann werde ich mal fertig / angekommen sein?“.
In den letzten Tagen habe ich den Gedanken und/oder Gefühl, dass ich diesen Raum mehr und mehr begreife und auch begehen kann ohne, dass ich mich dabei schlecht fühle oder abwerte. Mehr und mehr verstehe ich, dass auch wenn ich noch nicht da bin, wo ich hin will, ich die Mohrrübe noch nicht erreiche, dennoch richtig bin, wer und wo ich gerade bin. Ich merke ich darf zum einen so dankbar sein, dass ich diese Mohrrübe vor meiner Nase habe, denn sie ist meine Vision, mein Ziel, meine Zukunft, da wo ich hineinwachsen darf. Zum anderen darf ich mich aber auch mal hinsetzen, die Mohrrübe vorübergehend absetzen und mich umsehen wo ich gerade bin. Wie der Weg aussieht, ich darf eine Rast machen, die Sonne genießen und auch mal auf den Weg zurück blicken, der hinter mir liegt und auch dafür dankbar sein. Alles ist, zur gleichen Zeit und trotzdem zählt nur das Jetzt und Hier wirklich. Wenn ich dies nicht genießen oder überhaupt sehen kann, werde ich immer nur der Möhre hinterherjagen.
Dieser Ort den ich in dem Moment so klar spüren kann, fühlt sich für mich an wie der Ort dazwischen. Es ist der Ort, an dem ich gemerkt habe, dass ich aus meiner alten Situation herausgewachsen bin, mich löse und eine neue Richtung einschlage. Vielleicht wie der Kokon. Ich merke schon, dass das Alte nicht mehr zu mir passt, stecke schon mit einem Bein im Neuen, denn ich merke schon, was ich nicht mehr will und was ich will. Ich merke schon was ich brauche, welche Schritte ich gehen kann und sollte. Vielleicht gehe ich auch schon los, löse mich von Altem, sehe mir Neues an und trotzdem bin ich noch nicht da. Es ist der Ort an dem Sterben und Wiederauferstehen gleichermaßen da ist, die Transformation, das Dazwischen.
Wenn ich es diesmal so betrachte und ich ihn nicht mehr als diesen schreckliche Ort, den ich ihn bisher bewertet habe, annehme, dann kann ich sehen, dass es eigentlich ein ziemlich toller Ort ist. Er bedeutet ich wachse gerade über mich hinaus, aus meinem Alten heraus und eigentlich ist es ein natürlicher Prozess. Erst wenn ich ihn nicht mehr ablehne, verfluche und mich selbst darin so abwerte, dann kann ich ihn auch als das schätzen lernen und mich darin ganz anders verhalten.
Ich bemühe mich daher gerade wieder einmal in Geduld, Hingabe, Selbstakzeptanz und Selbstliebe, denn ich wachse. Ich darf den Prozess lieben und ihn leben. Ich darf mich nach der Möhre ausrichten, fokussieren, erste Schritte gehen und ich darf AUCH anhalten, Pause machen, mein Jetzt und Hier genießen, durchatmen, sehen wo komme ich her, bin ich und gehe ich hin. Ich darf zurück blicken und mir stolz auf die Schulter klopfen. Ich darf wieder einmal alles, überall und in meiner eigenen Zeit. Doch vor allem darf ich austreten und leben, was ich jetzt gerade bin. Ich verstehe jetzt einmal mehr, dass ich jetzt genau am richtigen Ort, zur richtigen Zeit und der richtige Mensch dafür bin. Das Leben ist das Leben, der Weg ist das Weg, aber das wie entscheide Ich.
Ich glaube je mehr ich das geschriebene auf mich wirken lasse, merke ich, dass ich immer nur die Möhre sah, weil ich den Druck im Nacken spürte. Den Druck den ich mir machte, weil ich dachte ich müsste ein gewisser Mensch sein, ich müsste arbeiten und dieses und jenes leisten, ich müsse in die Gesellschaft passen. Dieser Druck, dass mein Innen, also meine Transformation, zunehmend nicht mehr zu der von mir empfundenen Gesellschaft, also dem Außen passte, sah mich immer strenger auf die Möhre starren, Widerstand aufbauen, meinen mir erdachten Weg verfolgen, mein WOLLEN durchsetzen. Mein Fokus wurde enger und ich verlor mehr und mehr den Halt. Ich bin gestürzt und wurde gezwungen, dass ich die Möhre absetze. Gott sei Dank! Immer noch darf ich lernen, dass ich sie nicht so lange aufsetze, stolpern ok ist und mir sogar hilft und dass der Druck nur Illusion ist, die ich loslassen darf. Immer noch lerne ich, dass ich den Druck erkenne und sehe, er ist nicht meine und nicht real.