So lange hatte ich Angst vor mir selbst. Vor meiner inneren Welt. Vor dem was in mir ist. Heute glaube ich, es ist nur eine Geschichte.
Gerade eben sehe ich, wie ich als Kind Angst vor meiner Mutter hatte. Ich habe täglich miterlebt, wie sie all ihre Wut, ihren Hass, ihre Verachtung, ihren Schmerz – all das, was sie für meinen Vater und andere Menschen empfand – direkt herausgelassen hat.
Sie hat verletzt. Sie war so gemein. Sie war verletzt.
Sie konnte in einen einzigen kleinen Satz ein riesiges, scharfes Messer verpacken – und es fuhr mitten ins Herz, ohne dass der Kopf es überhaupt verstand.
Sie war eine geschickte Künstlerin der Worte – und der damit verbundenen Verletzung. Kein Wunder, dass ich mir nicht vorstellen kann und will, dass aus meinem Mund auch Poesie und Liebe kommen könnte.
Ich habe all das gesehen und mich selbst darauf konditioniert, „lieb“ zu sein – lieb genug, damit ich dieses Messer niemals in meinem Herzen spüren musste.
Aber egal, wie gut ich es perfektionierte – das Messer fand jede Lücke. Und wenn es von hinten in den Rücken war.
Ich habe Angst vor diesem Teil in mir, denn sie ist ein Teil von mir.
Sie steckt in mir. Nicht nur ihr Messer, sondern ihr ganzer Arm daran.
Vor diesem Teil in mir habe ich Angst – immer noch.
In den Nächten mit Panik. In den Momenten, in denen ich die Kontrolle verliere.
Oder dann, wenn ich das Gefühl habe, ich war nicht vorsichtig genug. Nicht lieb genug.
In diesen Momenten spüre ich schon die Klinge – die ich in mich selbst ramme. Oder in meine Liebsten.
Ich kann es drehen, wie ich will: Entweder zerstört sie mich, oder ich mich selbst.
Mein ganzes Leben renne ich davor weg, weil ich nicht weiß, wie ich entkommen kann. Egal, ob ich ausziehe, ans andere Ende der Welt fliege oder immer wieder ein neues Leben beginne – sie ist immer da.
Mein ganzes Leben hatte ich Angst vor ihr – und vor ihr in mir.
Heute holt es mich ein. Heute steht sie da – mit all ihrem Schmerz und ihrer Wucht.
Und ich – mit meiner Angst.
Ich kann es sehen. Ich schaue es mir an, wie die Szene eines Horrorfilms. Wie Freddy, Jason oder Chucky, aus meiner Kindheit.
Aber heute habe ich die Fernbedienung in der Hand.
Auch wenn ich noch nicht weiß, wie – ich kann mich sitzen sehen. Es ist nur ein Kino, aus dem ich aufstehen und gehen darf.