Mir nah sein
Mir nah sein

Mir nah sein

Ich weiß nicht, ob es noch jemanden auf der Welt so geht,

aber ich kann mir selbst nicht nah sein.

Ich finde, das klingt furchtbar – und eigentlich unmöglich.

Deshalb kann ich mir kaum vorstellen,

dass es noch jemanden auf der Welt so geht.

Aber ich merke es so klar.

Ich habe Angst vor mir selbst.

Ich laufe vor mir davon und bin ein Meister darin,

mich abzulenken oder an andere zu heften,

nur damit ich bloß nicht bei mir oder mit mir sein muss.

Nähe ist für mich der Tod.

Und gleichzeitig … meine größte Sehnsucht.

Ich versuche es gefühlt tausendmal am Tag.

Ich setze mich hin und sage mir:

„Jetzt bleibe ich mal bei mir.“

Und dann kommt die Unruhe.

Dann will ich ganz dringend dieses oder jenes machen.

Selbst mein Körper ist schon konditioniert –

er rettet mich mit wilden Gedanken oder Empfindungen da raus.

Und zack, habe ich es wieder geschafft:

Weg von mir.

Heute gehe ich wieder mehr den Weg zu mir.

Ich sehe, ein Puzzlestück ist:

Ich habe kein Vertrauen in andere.

Deshalb sage ich mir, ich muss das ja übernehmen.

Ich denke, ich muss eingreifen, mich kümmern, kontrollieren.

Ich glaube, das ist ein Schutz – ein gelerntes Muster.

Damals hatte niemand Vertrauen in mich.

Andere haben einfach alles übernommen, ohne zu fragen.

Meine Grenzen wurden überrollt.

Jetzt fühlt es sich fremd an,

meine eigenen Mauern wieder aufzustellen.

Heute habe ich kein Vertrauen mehr in mich –

und bleibe lieber beim anderen,

in den ich auch kein Vertrauen habe.

Aber ich kehre Millimeter für Millimeter wieder zurück.

Ich stelle auf, was eingerissen wurde.

Ich baue wieder auf.

Ich entscheide mich –

für Vertrauen in mich.

Und in andere.

In jedem Moment.