In mir gibt es wie zwei Anteile: ein Kind und einen Erwachsenen. Das Kind will spielen, mit anderen agieren, sich um andere kümmern, sich selbst und die Welt entdecken. Und dann gibt es den erwachsenen Anteil, der denkt, dass dies schlecht für das Kind ist, dass das Kind immer nur schlechte Entscheidungen für sich trifft, dass es nicht überlebensfähig ist, dass es sich selbst mit dieser Neugier und Lebendigkeit schadet und dass der Erwachsene jetzt eingreifen und entscheiden muss. Ihm bleibt ja gar nichts anderes übrig. Er muss jetzt vernünftig sein, wieder die Kontrolle erlangen, wieder übernehmen.
In dieser Schleife bestätige ich mich dann andauernd, damit ich den erwachsenen Teil rechtfertige, damit er „richtig“ ist. Das verletzt mich innerlich immer wieder, nimmt mir das Gefühl von Vertrauen und gibt mir das Gefühl, schuldig und gelähmt zu sein. Ich sehe mich als Kind und wie mir alles entzogen wird – und ich sehe beide Anteile in mir.
Was ist, wenn all das nicht stimmt? Wenn ich mir all das nur erzähle und Entscheidungen treffe, damit ich es bestätige? Die Identität, die ich angenommen habe, weil sie mir immer wieder erzählt wurde, die Identität, die sonst wackeln würde. Aber was ist meine Wahrheit? Dass ich für mich gute Entscheidungen treffe? Dass es nur nicht die Entscheidungen sind, die andere für mich (also für sich) wollen? Dass Menschen mir nichts nehmen, sondern geben?
Wenn einmal die Identität wackelt, wackelt die ganze Welt, das ganze Leben. Alles wird in Frage gestellt, alles ist unsicher, bis Klarheit einkehrt, Stabilität neuen Boden bekommt – gesunden Boden, Mutterboden, Nährboden.
Und bis dahin wackelt alles, dann reißt es auf, dann fügt es sich neu und dann entsteht etwas Neues. Wie beim Erdbeben.
Was ist, wenn ich bisher nur dachte, ich muss mich von anderen abhängig machen, mich an sie binden, weil ich annahm, ich darf nicht alleine losgehen, ich treffe keine guten Entscheidungen, aus mir kommt nichts Gutes, ich brauche die anderen? Was ist, wenn ich deshalb immer die Handbremse hatte, weil ich mich an anderen festkralle? Was ist, wenn ich deshalb auch das Vollgas brauchte, weil ein anderer Teil in mir sich davon endlich befreien wollte? Was ist, wenn ich die Handbremse und das Vollgas loslassen kann, wenn ich mir selbst vertraue und in einen moderaten, gemütlichen, freien, meiner Natur entsprechenden, gesunden Gang schalte? Es niemandem mehr beweisen muss und mich nicht mehr ausbremse, weil ich mich anpasse oder rechtfertige?